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Testamentsvollstreckung: Missbrauch einer Vollmacht zu Lebzeiten

Geschrieben von Dr. Michael Purrucker 
Veröffentlicht am 21. August 2016

Nicht selten stößt der Testamentsvollstrecker auf undurchsichtige Vermögensverfügungen eines vom Erblasser zu Lebzeiten Bevollmächtigten (häufig: General- und Vorsorgebevollmächtigter). Verdichtet sich der Verdacht, der Bevollmächtigte könnte die Vollmacht missbräuchlich zu Lasten des Vollmachtgebers verwandt und diesen (noch zu Lebzeiten) geschädigt haben, wird der Testamentsvollstrecker überlegen (müssen), welche Maßnahmen er ergreift. Er wird sich auf die Geltendmachung von zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen konzentrieren.

Familiäre Gefälligkeit

Stellte das so genannte Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem eine „familiäre Gefälligkeit“ dar, wie regelmäßig bei sozial engen Kontakten (z.B. in der Familie oder gegenüber dem Lebensgefährten), dann wird es schwierig, eine Anspruchsgrundlage zu finden. Es wird § 823 BGB sein und bleiben. Verbindet Vollmachtgeber und Bevollmächtigen dagegen ein Geschäftsbesorgungsvertrag, dann sind die entsprechenden Anspruchsgrundlagen dem Auskunftsrecht zu entnehmen. Und es gibt auch einen praktisch wichtigen „Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch“.

Mögliches Vorgehen für Testamentsvollstrecker

Überlegt der Testamentsvollstrecker (und wird er von den Erben entsprechend unter Druck gesetzt), Anzeige zu erstatten, dann wird er sich dies in Zukunft nach einer neueren Entscheidung des OLG Bamberg dreifach überlegen müssen: Stellt nämlich die Staatsanwaltschaft – wie in der Praxis üblich – das Ermittlungsverfahrens gemäß § 170 Abs. 2 StPO ein, dann steht dem Testamentsvollstrecker gegen eine solche Entscheidung ein Rechtsmittel nicht offen: Das OLG Bamberg verneint in dem entschiedenen Fall die „Verletzteneigenschaft“ eines Erben, und die dürfte bei einem Testamentsvollstrecker erst recht fehlen. Der Erbe sei (und wohl erst recht der Testamentsvollstrecker) weder ein durch ein mutmaßliches Vermögens- oder Eigentumsdelikt als Bevollmächtigter Geschädigter noch ein unmittelbar Verletzter. Übrigens sei das Antragsrecht gemäß § 172 Abs. 3 StPO höchstpersönlicher Natur, habe also dem Erblasser zugestanden und gehe daher nicht auf den Erben über.

Es bleibt also (nur) die Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen und sie für den Nachlass durchzusetzen.

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Rechtsanwalt und Notar a.D.
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