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Quarantäne? Coronavirus & Arbeitsrecht | Dr. Purrucker & Partner

Geschrieben von Andreas Adebahr 
Veröffentlicht am 8. März 2020

Viele Menschen haben derzeit Angst, sich mit dem neuartigen Coronavirus (genauer: SARS-CoV-2) zu infizieren. Aber auch ohne selbst infiziert zu sein, sind bereits jetzt viele Menschen von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen. Das betrifft auch Angestellte und Betriebe.

Die Zahl der am aktuellen Coronavirus erkrankten Menschen ist bisher noch überschaubar. Die Zahl der mittelbar Betroffenen ist weitaus höher. Für diese Menschen stellen sich rein praktische Fragen, vor allem im Hinblick darauf, ob ihr Einkommen gesichert ist. Die häufigsten arbeitsrechtlichen Fragen haben wir daher nachfolgend zusammengestellt:

Was passiert, wenn mein Betrieb wegen des Coronavirus geschlossen wird?

Wird der Betrieb des Arbeitgebers aufgrund des neuartigen Coronavirus geschlossen, hat dies zunächst keine Auswirkungen auf die Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer. Es gehört zum Betriebsrisiko des Arbeitgebers, dass ein solcher Fall eintritt. Der Arbeitgeber muss das Gehalt also weiterzahlen. Dies kann allerdings schnell existenzbedrohend für den Arbeitgeber werden. Manche Arbeitgeber haben sich gegen diese Kosten durch eine sogenannte Betriebsschließungsversicherung abgesichert. Ansonsten besteht für den Arbeitgeber gegebenenfalls die Möglichkeit Kurzarbeit anzuordnen. 

Kurzarbeit wegen Coronavirus

Hierzu hat die Bundesagentur für Arbeit in einer aktuellen Meldung mitgeteilt, dass betroffene Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten, wenn die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Dieses ist jedoch geringer als das normale Gehalt, so dass geprüft werden muss, ob der Arbeitgeber dazu berechtigt ist. Unter anderem müssen die Arbeitszeiten aufgrund des Coronavirus vorübergehend wesentlich verringert sein.

Die Anordnung von Kurzarbeit kann nicht nur dann gerechtfertigt sein, wenn der Betrieb wegen einer akuten Erkrankung eines Mitarbeiters mit dem neuen Coronavirus durch das Gesundheitsamt geschlossen wird, sondern auch, wenn der Betrieb z.B. aufgrund von Lieferengpässen, die auf das Coronavirus zurückzuführen sind, stillgelegt ist.

Kita oder Schule schließt wegen Coronavirus: Was machen Eltern?

Ist beispielsweise eine Kita oder Schule von einer Betriebsschließungen betroffen, hat dies nicht nur Auswirkungen auf die Angestellten. Die Eltern müssen eine andere Kinderbetreuung organisieren. Ein großes Problem für berufstätige Eltern.

Die gute Nachricht ist: Sofern die Betreuung notwendig ist und nicht anders sichergestellt werden kann, ist Ihr Arbeitgeber weder zur Abmahnung noch zur Kündigung berechtigt, wenn Sie zur Betreuung Ihrer Kinder zu Hause bleiben. Sie können Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in diesem Fall nicht erfüllen, da Sie Ihrer Betreuungs- und Fürsorgepflicht gegenüber Ihren Kindern nachkommen müssen. Diese hat Vorrang. 

Hier ist aber Vorsicht geboten: Die Frage, ob ein solcher Fall tatsächlich vorliegt, bedarf immer einer eingehenden Prüfung, denn es sind viele Faktoren zu beachten! Daher sind Sie gut beraten, wenn Sie es hier nicht zu einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber kommen lassen. Sprechen Sie frühzeitig mit dem Arbeitgeber und versuchen Sie, sich mit ihm zu verständigen. Beispielsweise könnten Sie um Urlaub oder Freistellung bitten.

Bekomme ich Gehalt, wenn ich wegen Kita-Schließung zu Hause bleiben muss?

Die schlechte Nachricht ist außerdem: Wenn Sie nicht arbeiten und auch keinen Urlaub nehmen können, erhalten Sie eventuell auch kein Gehalt. Maßgeblich hierfür ist, ob § 616 BGB anwendbar ist. Dieser besagt, dass Sie auch dann Ihr Gehalt bekommen, wenn Sie für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in Ihrer Person liegenden Grund und ohne Ihr Verschulden an der Arbeitsleistung verhindert sind. 

Ob die Regelung des § 616 BGB auch im Falle einer Kita-Schließung wegen des neuen Coronavirus greift, ist jedoch nicht so leicht zu beantworten. Es fehlen hierzu entsprechende gerichtliche Entscheidungen. Außerdem wäre dies ohnehin nur dann der Fall, wenn es sich um einige wenige Tage handelt und der Anspruch nicht schon in Ihrem Arbeitsvertrag ausgeschlossen wurde. 

Was passiert, wenn ich oder mein Kind am Coronavirus erkranken?

Grundsätzlich gilt bei Erkrankungen: Solange Sie arbeitsunfähig erkrankt sind, erhalten Sie für die Dauer von 6 Wochen Entgeltfortzahlung von ihrem Arbeitgeber. Danach zahlt Krankenkasse Krankengeld, soweit die allgemeinen Voraussetzungen dafür vorliegen. 

Ist hingegen eines Ihrer Kinder erkrankt, kommt es darauf an, was in Ihrem Arbeitsvertrag zu den sogenannten „Kind-krank-Tagen“ festgelegt ist. Auch hier greift der § 616 BGB. Da dies jedoch ein sehr umfangreiches und kompliziertes Thema ist, müssen wir an dieser Stelle auf eine nähere Erläuterung verzichten, soweit wir nicht schon weiter oben auf dieses Thema eingegangen sind. 

Besonderheiten können sich auch aus dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) ergeben. Damit sind wir beim Thema „Quarantäne“.

Was passiert, wenn ich als Arbeitnehmer unter Quarantäne gestellt werde?

Sofern Sie beispielsweise unter Quarantäne gestellt werden, weil sie Kontakt zu infizierten Personen hatten und Sie Ihre bisherige Erwerbstätigkeit dadurch nicht mehr ausüben können, erhalten Sie gemäß § 56 IfSG eine Entschädigung. Der Verdienstausfall wird für die Dauer von 6 Wochen erstattet. Danach erhalten Sie eine Entschädigung, die der Höhe des Krankengeldes im Krankheitsfall entspricht. Die genauen Voraussetzungen sowie die Berechnung sind im Infektionsschutzgesetz, insbesondere in § 56 IfSG, geregelt.

Darf ich aus Angst vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus nicht zur Arbeit gehen?

Auch wenn die Angst vor einer Infektion menschlich nachvollziehbar ist, sind Sie nicht berechtigt, eigenmächtig der Arbeit fern zu bleiben, sofern nicht einer der oben genannten Gründe oder ein sonstiger wichtiger Grund vorliegt. Wenn Sie nicht zur Arbeit erscheinen, kann dies als unentschuldigtes Fehlen gewertet werden. Ihnen droht dann eine Abmahnung oder im schlimmsten Fall sogar eine Kündigung. 

Zwar kann es in einigen wenigen Fällen notwendig sein, zu Hause zu bleiben (z.B. bei vorbelasteten Menschen, für die ein besonders hohes Risiko besteht): In einem solchen Fall sollte jedoch immer eine Abstimmung mit dem Arbeitgeber erfolgen. Einige Betriebe sind inzwischen schon freiwillig dazu übergegangen, vermehrt Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten.

Zu allen Punkten gilt: es muss stets der Einzelfall geprüft werden. Ihre konkrete Situation muss berücksichtigt werden. Wenn Sie also unsicher sind und eine Beratung benötigen, wenden Sie sich bitte an die dafür eingerichteten öffentlichen Stellen oder an einen Rechtsanwalt, vorzugsweise an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Wir wünschen Ihnen vor allen Dingen, dass Sie gesund bleiben und hoffentlich unbetroffen von den genannten Einschränkungen!

Begriffserklärung:
Coronavirus: Zu den Coronaviren gehört eine Gruppe verschiedener Viren.
SARS-CoV-2: Bezeichnet den Coronavirus, der im Winter 2019/20 erstmals in Wuhan/China entdeckt wurde.
COVID-19: Erkrankung mit dem Virus SARS-CoV-2

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Rechtsanwalt
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