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Einsicht ins Grundbuch durch einen Erben

Geschrieben von Dr. Maximilian Sponagel 
Veröffentlicht am 12. März 2018

Nicht jedermann kann beliebig Einsicht in Grundbücher nehmen. Hintergrund ist beispielsweise, dass man grundsätzlich nicht Einsicht in das Grundbuch des Nachbargrundstücks erhalten soll, um nicht zu sehen, wie hoch das Grundstück mit Grundschulden oder Hypotheken belastet ist. Nur wer ein so genanntes "berechtigtes Interesse" gem. § 12 GBO hat, darf das Grundbuch einsehen. Das geht entweder direkt beim Grundbuchamt oder bei einem Notar, der teilweise elektronisch Zugriff auf die Grundbuchblätter hat.

Was ist ein "berechtigtes Interesse"?

Ein "berechtigtes Interesse" zur Einsicht in ein Grundbuch besteht, wenn man beispielsweise einen gerichtlich titulierten Zahlungsanspruch gegen den Grundstücksinhaber hat. Auch für einen testamentarischen (Mit-)Erben kann ein berechtigtes Interesse vorliegen, bevor er in das Grundbuch als künftiger Miteigentümer eingetragen wird. Das hat das OLG München bestätigt. (Beschluss vom 11.1.2018, Aktenzeichen 34 Wx 408/17)

Damit ein Miterbe das Grundbuch einsehen kann, muss er seine Erbenstellung nachweisen. Dazu genügt nach Ansicht des OLG München, wenn er eine Ausfertigung des gerichtlichen Erbscheins vorlegt. Alternativ kann dem Grundbuchamt bzw. dem Notar auch ein notarielles Testament mit einem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll vorgelegt werden. Dennoch kann der Blick ins Grundbuch jetzt noch verwehrt werden. In dem konkreten Fall war es so, dass der verstorbene Eigentümer wohl testierunfähig war.

Der Fall im Einzelnen

Der im Grundbuch eingetragene Eigentümer war verstorben. Einer der Miterben beantragte darauf beim Grundbuchamt, Grundbuchauszüge zu übersenden: Er forderte Einblick in sämtliche auf den verstorbenen Eigentümer eingetragenen Grundstücke und Grundstücksrechte - einschließlich solcher, die in den zehn Jahren vor seinem Ableben auf ihn eingetragen waren. Dazu hatte der Miterbe das notarielle Testament des Eigentümers und das Eröffnungsprotokoll des Nachlassgerichtes vorgelegt.

Dem Grundbuchamt lag jedoch ein Beschluss des Nachlassgerichtes vor, in dem davon ausgegangen wurde, dass der verstorbene Eigentümer testierunfähig war. Daher hätte er den Miterben nicht wirksam als Erben einsetzen können. Die Grundbuchbeamtin erteilte daher keine Grundbuchauszüge, da kein "berechtigtes Interesse" vorliegen würde. Das OLG München hat diese Ansicht bestätigt: Ein Grundbuchamt und damit auch ein Notar müssen Grundbuchauszüge nicht vorlegen, wenn erhebliche Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers bestehen. Daher konnte die Grundbuchbeamtin davon ausgehen, dass der Miterbe, der die Einsicht beantragt hat, nie wirksam Erbe geworden ist. Also hatte er kein "berechtigtes Interesse".

Praxishinweis:
Allerdings kann nach einem Erbfall ein möglicher Erbe dennoch Einsichtsrecht ins Grundbuch mit Blick auf den Nachlasswert erhalten, um zu prüfen, ob er die Erbschaft ausschlagen möchte.

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Geschrieben von

Rechtsanwalt
Master in European Business (MEB)
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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